In einem Artikel im Magazin iBusiness wird Boris Lakowski zum Thema ARGs unter anderem mit den Worten zitiert: „Die Intention ist gut, aber Awareness und Reichweite sind die größten Probleme bei den hohen Kosten“. Sein Fazit: „ARGs sind vor allem ein selbstverliebtes Spielverhalten von Agenturen, das von Kunden belächelt wird.“ Ich weiß nicht genau, was Herr Lakowski so macht. Vermutlich ist er ein As als Social Media Experte und erfolgreich als Strategieberater. Von Alternate Reality Games und ihrem Einsatz im Marketingkontext allerdings versteht er ebenso wenig wie ich von Teilchenphysik.

Die Aussage, dass sich mit einem Alternate Reality keine Reichweite erzielen lasse, ist zunächst einmal sachlich falsch. Zwar ist der Kreis der Teilnehmer, die ein ARG vorantreiben, tatsächlich selten größer als mehrere hundert Spieler. Über die Mundpropaganda und die Medienberichterstattung erfahren aber in der Regel weitaus mehr Leute von der Geschichte. Im Fall von „Die Zeit wird knapp“, unserem ARG für den Jugendroman „Numbers“, haben wir auf diese Weise eine Reichweite von 3,5 Millionen Kontakten erzielt, verteilt auf fünf verschiedene Involvement-Stufen.

Reichweite sollte aber in Zeiten, in denen die Unternehmen nach tragfähigen Konzepten suchen, sich über soziale Medien mit ihren Kunden zu vernetzen, nicht mehr das Hauptziel sein. Um es mit den Worten von Patrick Breitenbach zu sagen: „Reichweite ist fürn Arsch!“ Anders ausgedrückt: Wer heute in erster Linie nach Reichweite strebt, outet sich als Marketingstalinist alter Schule, der dem tradierten Sendermodell anhängt, und der Gefahr läuft, in eine Falle zu tappen. Für alle, die es immer noch nicht verstanden haben: „Märkte sind Gespräche“ (Cluetrain Manifest)! Worauf es ankommt, sind Beziehungen und echte Fans eines Unternehmens. Und genau das können Alternate Reality Games leisten: Erfahrungen stiften, die der Rede wert sind und Beziehungen knüpfen, die über die Dauer einer Kampagne hinaus bestehen bleiben.

Kevin Kelly argumentiert, dass beispielsweise ein Autor nur 1.000 echte Fans braucht, um vom Schreiben zu leben. Okay, für ein Unternehmen dürfen es gerne auch ein paar mehr sein. Ich habe jedenfalls in meinen 20 Jahren in der Kommunikationsbranche kein wirksameres Instrument kennengelernt, wenn es darum geht, echte Begeisterung bei den Leuten hervorzurufen, als Alternate Reality Games. In einem Punkt gebe ich Boris Lakowski allerdings Recht: ARGs haben etwas mit Liebe zu tun. Wer jemals hinter den Vorhang eines ARG geblickt hat, der weiß wie viel Hingabe und Einsatz es erfordert, eine ARG-Community zu unterhalten. Es ist aber ein Einsatz, der sich in mehrfacher Hinsicht bezahlt macht. Wir empfehlen unseren Kunden ARGs, weil wir der Überzeugung sind, dass wir ihre wirtschaftlichen Ziele damit erreichen können, nicht, weil wir selbstverliebt sind. 22.000 verkaufte Exemplare von „Numbers“ und eine Fan-Community, die gespannt auf die Fortsetzung wartet, sprechen für sich. Kunden, die darüber lächeln, wollen wir ehrlich gesagt gar nicht haben. Bitte wenden Sie sich vertrauensvoll an Herrn Lakowski!